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The Expectation Effekt: Kann die Erwartungshaltung die Ernährung verbessern?

By Eric
In Body
Januar 10, 2024
0 min read

Kann man sich Lebensmittel durch Erwartungshaltung gesund denken? Tatsächlich untersuchen Forscher gerade die Wechselwirkungen zwischen den Gefühlen, die wir beim Essen von Lebensmitteln haben, und den körperlichen Reaktionen, die folgen. Besonders aufschlussreich sind hierbei die Hormonproduktion und die Reaktionen in unserem Verdauungstrakt.

Der Wissenschaftsautor David Robson beschreibt in seinem Bestseller „The Expectation Effect“ die Art und Weise, wie Gedanken die Fähigkeit haben, körperliche Reaktionen auf Lebensmittel zu verändern. Diese Erwartungshaltung oder auch Placeboeffekt ist in Bezug auf Krankheiten gut erforscht. Die Rolle, die die Erwartungshaltung  in der Ernährung spielen könnte, wird von Wissenschaftlern gerade untersucht und es gibt schon sehr interessante Studien dazu.


Shownotes:


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In dieser Episode erfährst du:

  • Wie die Erwartungshaltung von Lebensmitteln deine Gesundheit und das Hungerhormon Ghrelin beeinflusst.
  • Was die Darm-Hirnachse ist und wie sie deine Emotionen steuert.
  • Warum es Sinn macht, vor dem Essen das parasympathische Nervensystem zu aktivieren.
  • Dass du den Fokus bei Lebensmitteln auf Genuss legen solltest, statt Lebensmittel in "gut" oder "schlecht" zu kategorisieren.
  • Mit welchen Maßnahmen es dir gelingt, nachhaltig eine positive Erwartungshaltung beim Essen aufzubauen.

Die Studienlage

In einer groß angelegten Studie der Yale University untersuchten Wissenschafler die Produktion des Hungerhormons Ghrelin in zwei verschiedenen Gruppen, die exakt denselben Shake mit einem Nährwert von 380 Kilokalorien verzehrten. Auf dem Etikett der ersten Gruppe stand: Nährwert 620 kcal. Genuss: Dekadenz, die du verdienst. Der exakt gleiche Shake wurde bei der zweiten Gruppe als "Sensi-Shake, für leichten Genuss mit 140 kcal" serviert.

Als die Forscher die Werte des Hungerhormons Ghrelin der Teilnehmenden vor und nach dem Verzehr des Shakes verglichen, stellten sie fest, dass der Ghrelinspiegel in Gruppe eins nach dem Verzehr des Shakes stärker gesunken war als der in Gruppe zwei. Das heißt, sie waren weniger hungrig und verbrannten mehr Kalorien, weil sie einfach glaubten, der Shake mache sie satt.

Exkurs Ghrelin: Ghrelin ist ein Hormon, das die Nahrungsaufnahme und die Sekretion von Somatropin reguliert. In Hungerphasen steigt der Ghrelinspiegel im Blut an, nach dem Essen sinkt er ab. Schlafmangel induziert erhöhte Ghrelin-Ausschüttung und trägt auf diese Weise vermutlich zur Entwicklung von Adipositas bei. Weniger Ghrelin bedeutet weniger Hunger.

Eine Studie des American Journal of Clinical Nutrition unterstützt die These, dass die Erwartungshaltung zu einem Lebensmittel wichtiger ist als sein eigentlicher Nährwert. 

Die Studienleiter erzählten den Probant:innen, ein Getränk würde sich bei der Verdauung in ein festes Lebensmittel verwandeln. Was zur Folge hatte, dass diese eine langsamere Magenentleerung hatten als die Kontrollgruppe. Ihr Mageninhalt bewegte sich langsamer durch den Darm, und sie fühlten sich länger satt. Dadurch nahmen sie während dieses Tages 400 Kalorien weniger zu sich als die Kontrollgruppe. Diese glaubte, es handele sich um ein normales Getränk.  

Die Darm-Hirnachse

Tatsächlich hat das Verdauungssystem Einfluss auf unsere Stimmung. 95 Prozent des Wohlfühlhormons Serotonin wird im Darm gebildet, deswegen sorgt ein gesunder Darm auch für ein glückliches Gemüt. Wenn wir also über Ernährung sprechen, dann geht es nicht nur um den Nährstoffgehalt von Lebensmitteln, sondern auch um die emotionale Komponente des Essens und nicht zuletzt um die Erwartungshaltung.

Wissenschaftler:innen der Gut Health Clinic in London ändern bei der Behandlung ihrer Patient:innen oft gar nicht die Ernährung, sondern versuchen die Darm-Hirnachse durch Praktiken wie achtsame Meditation oder Atemübungen zu beeinflussen, um so die Darmgesundheit zu verbessern.

Mit diesen Interventionen versuchen die Ärzt:innen das parasympathische Nervensystem zu aktivieren, das für Entspannung und Regeneration verantwortlich ist. Die meisten Menschen befinden sich über weite Teile des Tages im Kampf - oder Fluchtmodus, dem sympathischen Nervensystem. Das hat aber weitreichende Folgen: Im Kampf- oder Fluchtmodus lenkt unser Körper den Blutfluss vom Darm weg, wodurch die Verdauung gestoppt wird. So treten Beschwerden wie Verdauungsprobleme, Blähungen, Durchfall, bis hin zur Verstopfung auf.

Chronischer Stress kann zu einem Ungleichgewicht der Bakterien im Darm führen und die Ausschüttung von Verdauungsenzymen stoppen. Sie sind für die Aufspaltung der Nahrung und für die Aufnahme im Körper verantwortlich.

Eine klinische Studie aus dem Jahr 2018 zeigt, dass Menschen in unglücklichen Beziehungen sogar eine höhere Darmdurchlässigkeit (Leaky Gut Syndrom) aufweisen.  

Exkurs Leaky Gut Syndrom: "Leaky Gut" bedeutet nichts anderes als ein durchlässiger Darm. Bei dieser Erkrankung ist die Schutzfunktion der Darmschleimhaut gegen Krankheitserreger und Toxine empfindlich gestört. Die Darmmembran wird durchlässig, schädliche Stoffe gelangen so ungehindert in den Blutkreislauf. Das Immunsystem reagiert mit entzündlichen und allergischen Prozessen. Als Auslöser kommen Faktoren wie ungesunde Ernährung, Stress, Infektionen, aber auch häufige Einnahme von Antibiotika infrage. Einmal erkannt hat die Krankheit aber gute Heilungsaussichten. 

Die negative Erwartungshaltung beeinflusst unsere Gesundheit

Lebensmittelunverträglichkeiten sind zweifellos real. Aber die Sorge, welche negativen Auswirkungen bestimmte Lebensmittel auf uns haben könnten und das damit verbundene schlechte Gewissen, kann unsere Gesundheit noch mehr beeinträchtigen.

In einer italienischen Studie (Alimentary Pharmacology & Therapeutics, 2012), gaben die Wissenschaftler:innen 102 Proband:innen 15 g Milch, bevor sie sich einem Atemtest unterzogen, der die Laktosemalabsorption diagnostiziert. Den Proband:innen wurde davor eine Laktoseintoleranz diagnostiziert, obwohl sie in Wirklichkeit gar keine hatten. Etwa ein Drittel der Untersuchten zeigten auf Grund ihrer Erwartungshaltung tatsächlich Symptome einer Laktoseintoleranz. Das veranlasste die Forscher:innen zu der Schlussfolgerung veranlasste, dass bereits die Erwartungshaltung, dass etwas negative Folgen haben könnte, ausreicht, um entsprechende Symptome hervorzurufen. 

6 Tipps für eine positive Einstellung zum Essen

Deine Erwartungshaltung ist kein fixes genetisches Programm, vielmehr fällt sie unter den Sammelbegriff Glaubenssätze. Wenn du meine Podcast Episoden regelmäßig verfolgst, dann weißt du, dass man negative Glaubenssätze oder Erwartungshaltungen auch umprogrammieren kann. Hier sind sechs Möglichkeiten, wie dir das gelingen kann, wenn du die folgenden Verhaltensweisen regelmäßig umsetzt.


1. Kalorienreiche Lebensmittel sind nicht per se ungesund!

Bei vielen Menschen ist die Vorstellung präsent, dass gesund zu sein gleichbedeutend ist mit schlank zu sein. Die Folge daraus ist, zu glauben, dass Lebensmittel nur dann gesund sind, wenn sie wenig Kalorien haben. Viele Ärzte und auch Autor David Robson warnen vor diesem Glaubensatz. Der Versuch nur kalorienarme Lebensmittel zu konsumieren, führt zu einem Gefühl der Entbehrung. Das macht automatisch kalorienreiche Lebensmittel begehrenswerter, das Verlangen nach diesen steigt. Die Lösung: Behalte längere Zeiträume deines Essverhaltens im Auge. Wenn du mal einige Tage mehr gegessen hast, kannst du das leicht ausgleichen, indem du zwischendurch mal Tage einlegst, in denen du weniger isst.


2. Lege den Fokus auf Genuss!

Bewerte Lebensmittel nicht mit absoluten Etiketten wie "gut" oder "schlecht". Stattdessen ist es besser, dass du den Fokus auf den Genuss legst. Ein subjektiv hoher Genussfaktor senkt nämlich nachweislich den Ghrelinspiegel, das heißt du bist besser gesättigt. Wenn du dir zum Beispiel einen Salat machst, toppe ihn mit leckeren Zutaten wie Nüssen, leckeren Ölen, oder ein paar Gambas oder gebratene Hühnerstücke. Geschmack und Konsistenz des Essens sind wichtig, um subjektiven Genuss zu erleben. Das verstärkt wiederum die Sättigung (niedriger Ghrelinspiegel) sowie die hormonelle Reaktion auf das Essen.

Wir sind in der glücklichen Situation, dass wir uns die Lebensmittel, die wir essen, aussuchen können. Was satt macht und eine positive Erwartungshaltung und Genuss in uns auslöst, ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Ermutigend dabei ist, dass es für unsere Gesundheit nicht nur wichtig ist, was wir essen. Mindestens genau so wichtig ist unsere Erwartungshaltung und unsere Gefühle, die mit dem Essen verbunden sind.


3. Bevorzuge feste Nahrung, statt flüssige!

Halte dich an Nahrungsmittel, die du kauen kannst. Diese sättigen dich besser, als Smoothies oder andere Getränke. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens passieren Flüssigkeiten den Magen wesentlich schneller als feste Speisen. Der Magen hat die Aufgabe den Nahrungsbrei weiter zu verkleinern. Von dort geht es weiter in den Dünndarm, wo weitere Verdauungsmechanismen in Gang gesetzt werden. Dadurch schüttet der Körper Hormone aus, die signalisieren: Ich bin satt. Flüssige oder pürierte Nahrung verlässt den Magen also viel schneller, seine Aufgabe ist dann zu großen Teilen schon erledigt. Der Dehnungsreiz fehlt und das Hungergefühl setzt recht bald wieder ein.

Stichwort Dehnreiz: das ist zugleich Grund Nummer zwei. Wie so vieles, lässt sich auch das Gefühl der Sättigung wissenschaftlich erklären. Dieses verspüren wir nämlich, wenn zwei Faktoren in Kombination auftreten: die Ausdehnung des Magens und das Ankommen von Nährstoffen. Ein Glas Flüssigkeit oder auch ein nährstoffreicher Riegel können uns nicht satt machen. Es fehlt einfach das Volumen.


4. Verwende Gewürze und Kräuter!

Geschmack und Genuss sind der Schlüssel zu einer individuellen Sättigung. Gib deinen Speisen also das Maximum an Geschmack, indem du kreativ mit Gewürzen und Kräutern kochst. Eine Verdoppelung des Geschmacks kann die Nahrungsaufnahme um bis zu 35% reduzieren. Als sehr wirksame Appetitzügler gelten zum Beispiel Zimt, Ingwer und Kurkuma, weil sie wie viele andere Gewürze ätherische Öle enthalten. Diese haben eine antibakterielle Wirkung, unterstützen das Immunsystem und haben eine ausgleichende Wirkung auf den Blutzuckerspiegel. Zusätzlich verleihen sie allen Speisen ein Mehr an Geschmack, was den Genuss erhöht und deine Erwartungshaltung positiv stimmt.


5. Werde zum "Kauboy": Wer länger kaut, unterstützt die Verdauung!

Hast du gewusst, dass der Kaumuskel bezogen auf seine Größe der stärkste Muskel im Körper ist? Leider setzen ihn die meisten Menschen zu wenig ein, weil sie ihre Speisen zu wenig oft kauen. Je nach Konsistenz der Nahrung sollte man 20 bis 30 mal kauen, bevor man den Brei runterschluckt. Denn beim richtigen Kauen wird Speichel produziert, durch den sich Geschmack und Aromen erst richtig entfalten können. Außerdem wird mit dem Speichel im Mund die Nahrung bereits in ihre Einzelteile zerlegt, das heißt die Verdauung beginnt im Mund. Wird Nahrung zu kurz gekaut, muss der Magen Mehrarbeit leisten. Wer besser kaut, bekommt seltener Sodbrennen, Blähungen oder Verstopfung.


6. Aktiviere das parasympathische Nervensystem!

Das parasympathische Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Entspannung und Ruhe in unserem Körper. Wenn dieses System aktiviert ist, signalisiert es dem Körper, in einen Zustand der Ruhe und Erholung überzugehen, was dazu beitragen kann, Stress zu reduzieren und die Verdauung zu fördern. Die Darm-Hirnachse ist das Netzwerk von Signalen zwischen dem Darm und dem Gehirn, das eine bidirektionale Kommunikation, ermöglicht.

Eine gestärkte Darm-Hirnachse kann nicht nur die Verdauung und den Stoffwechsel verbessern, sondern auch das emotionale Wohlbefinden und deine Erwartungshaltung positiv beeinflussen. Die Fähigkeit, Stress zu reduzieren und den Körper in einen Zustand der Entspannung zu versetzen, ist entscheidend für eine gesunde Kommunikation zwischen dem Darm und dem Gehirn.

Mit diesen Techniken gelingt es dir das parasympathische Nervensystem zu aktivieren: Atemübungen, Meditation, sowie andere Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung, Yoga, autogenes Training oder Achtsamkeitsübungen.

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