Dass Bewegung mentale Benefits auslöst, ist inzwischen anerkannt und seit gut zwei Jahrzehnten wissenschaftlich glasklar nachgewiesen. Es gibt hunderte von Studien, die eindeutige Ergebnisse in verschiedenen Forschungssettings zu unterschiedlichsten Fragestellungen beschreiben. In Episode #36 habe ich bereits über 13 Yoga Benefits berichtet, die durch Studien bestätigt sind.
Trotzdem werden die Ergebnisse der Studien gesellschaftlich nicht berücksichtigt, dass nämlich mit regelmäßiger Bewegung unser Gehirn weit besser funktioniert als ohne. Und dass viele mentale Benefits nur durch Bewegung ausgelöst werden können. Seit mindestens 15 Jahren wird über die tägliche Sportstunde in der Schule diskutiert. Seit noch längerer Zeit über die Notwendigkeit mehr Bewegung in den Alltag von Erwachsenen einzuplanen, insbesondere wenn sie Schreibtischarbeiter sind.
In dieser Episode möchte ich dir 3 wichtige Zusammenhänge zwischen Bewegung und Gehirn beschreiben, damit auch du mentale Benefits auslösen kannst.
In dieser Episode erfährst du:
- Welche mentalen Benefits du auslösen kannst, wenn du dich regelmäßig bewegst.
- Warum Bewegung in der Evolution immer mit einem scharfen Fokus und hoher Konzentration verbunden war.
- Wie der Wachstumsfaktor BDNF wirkt und wie dieser entsteht.
- Durch welche Studie der Zusammenhang von Bewegung und BDNF Spiegel nachgewiesen wurde.
- Wie auch in den Gehirnen älterer Menschen neue Nervenzellen entstehen können.
- Warum das Ruhezustandsnetzwerk dafür sorgt, dass du kreativ wirst und wie du es aktivierst.
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Ohne Bewegung wäre der Mensch längst ausgestorben!
Über Millionen von Jahren haben nur die überlebt, die sich bewegt haben. Bewegung hieß, lange Strecken zu Fuß zurückzulegen. Das war in vielen Situation nötig: beim Sammeln von Pflanzen, beim Jagen, beim Antizipieren von Gefahren und diesen dann aus dem Weg zu gehen, beim Übersiedeln in die nächste Klimazone, um kalte Jahreszeiten zu meiden, und nicht zuletzt auch auf der Flucht vor gefährlichen Raubtieren.
Immer, wenn unsere Vorfahren unterwegs waren, mussten Sie extrem wachsam sein. Womöglich lauerten bereits Feinde auf eine günstige Situation in nächsten Gestrüpp, auf die man rechtzeitig reagieren musste. Und sie mussten sich den Weg merken, um vor der Dunkelheit wieder im sicheren Unterschlupf zu sein. Durch diese mentale Fokussierung über Millionen von Jahren wurde ein genetischer Code in uns aktiviert, der auch heute noch funktioniert: Wenn wir uns bewegen, sind wir konzentriert und fokussiert! Genau so entwickelten sich mentale Benefits, die durch Bewegung ausgelöst werden.
Mentale Benefits #1: Die Bildung des Wunderdüngers BDNF
Wenn wir unser Herz- Kreislaufsystem aktivieren und Ausdauersport treiben, wird BDNF (brain derived neurotrophic factor) im zentralen Nervensystem und vor allem im Hippocampus ausgeschüttet. BDNF ist ein Wachstumsfaktor aus der Familie der Neurotrophine.
Der Wunderdünger hat einen positiven Effekt auf deine geistige Gesundheit und auf deine kognitiven Funktionen. So verbessert BDNF sowohl dein Kurzzeit-, als auch dein Langzeitgedächtnis. Wenn immer also Lernleistungen erbracht werden müssen, egal ob in der Schule, auf der Uni oder im Job, dann ist es essentiell, das der BDNF-Spiegel hoch ist. Der Wachstumsfaktor kurbelt nämlich die synaptische Plastizität an. Das heißt, dass sich neue Nervenzellen im Gehirn zu Synapsen verbinden, genau in jenen Regionen, wo sie gebraucht werden. So entwickelt sich dein Gehirn wie ein Muskel. Die Bereiche, die trainiert werden, verschalten sich besser miteinander und können somit auch besser miteinander kommunizieren.
So wurde der Zusammenhang zwischen Bewegung und BDNF-Spiegel nachgewiesen
Der Forscher Carl Cotman hat diesen Effekt bereits 1995 bei Labormäusen bewiesen. Er isolierte die Mäuse in unterschiedlichen Umgebungen und entdeckte durch Zufall, dass die BDNF Produktion bei der Mäuse-Gruppe am höchsten war, die in der Nacht regelmäßig im Laufrad sportelten. Viele liefen mehrere Kilometer in der Nacht. Cotman wies nicht nur nach, dass die BDNF Produktion bei den sportlichen Nagern höher war. Er zeigte auch auf, dass die BDNF Produktion abhängig von der Anzahl der zurückgelegten Kilometer war. Jene Mäuse, die weiter liefen, hatten auch einen höheren BDNF-Spiegel im Gehirn. Ein evolutionäres Erbe, das zugleich einen der mentalen Benefits beschreibt.
Mentale Benefits #2: Bewegung und Sex regen die Neurogenese an!
Als Neurogenese bezeichnet man die Bildung neuer Nervenzellen aus Stammzellen. Anfang des 19. Jahrhunderts war die Wissenschaft der Meinung, dass nur Kleinkinder neue Nervenzellen bilden, wenn sie zum Beispiel gehen lernen oder die Sprache erlernen. Seit den 90er Jahren mehren sich die Belege, dass auch Erwachsene bis weit ins hohe Alter in der Lage sind, neue Nervenzellen zu bilden. Das geschieht vor allem in zwei Gehirnregionen: im Riechkolben und im Hippocampus. Forscher meinen, dass unser Gehirn in der Lage ist, sich permanent zu verbessern und neue Zellen in ihre Schaltkreise zu integrieren.
So können wir die Neurogenese beeinflussen
Neurowissenschaftler vom King´s College in London geben folgende Tipps zur Optimierung der Neurogenese: Bewegung, Sex und eine bestimmte kohlenhydratreduzierte Ernährung. Schlafmangel, Alkohol und Stress hemmen hingegen die Bildung neuer Nervenzellen. Besonders wichtig für die Neurogenese ist das Lernen neuer Inhalte, Bewegungen oder Verhaltensweisen. Nur wenn wir unsere Komfortzone verlassen, wird das Gehirn optimal stimuliert, damit neue Nervenzellen gebildet werden.
Mentale Benefits #3: Ausdauersport macht kreativ!
Hast du diesen Effekt nicht selbst auch schon mal erlebt? Wenn du Laufen gehst oder eine Radtour machst, dann schaltest nach einiger Zeit mental ab. Plötzlich fallen dir Details in der Umgebung auf, die du vorher nicht gesehen oder gehört hast. Du erfreust dich plötzlich an der Schönheit der Landschaft oder am Zwitschern der Vögel. Die kognitive Kontrolle nimmt mit der Länge der Bewegungseinheit ab.
So funktioniert das Ruhezustandsnetzwerk
Forscher aus Nizza haben 2015 genau diesen Effekt in einer Studie nachweisen können. Sie untersuchten das sauerstoffreiche Blut in der Gehirnrinde und fanden heraus, dass sich das Netzwerk für Multitasking während der Ausdauereinheit zunehmend abschaltet und stattdessen das Ruhezustandsnetzwerk (default mode network) aktiv wird. Das Interessante daran: Es schaltet sich dann ein, wenn unser Kopf völlig frei wird, und gerade hier sind die Gehirnregionen hochaktiv und ein reger Informationsaustausch findet statt. Plötzlich fallen uns neue Ideen und Lösungen von Problemen ein, über die wir überhaupt nicht nachdachten. Das stumpfe Treten der Pedale am Rad oder das Laufen, wenn wir einen Schritt nach den anderen setzen, sind die besten Methoden, um das Ruhezustandsnetzwerk zu aktivieren.
Aber auch Entspannungsmethoden triggern das Ruhezustandsnetzwerk im besonderen Maße. Dafür empfehle ich dir den neuen Kurs in der Life Academy "Der Chill Faktor: So geht Entspannung im Alltag".
Check Box:
- Seit gut zwei Jahrzehnten ist wissenschaftlich glasklar nachgewiesen, dass Bewegung mentale Benefits auslöst.
- Der evolutionäre Code: Die Menschheit wäre längst ausgestorben, wenn wir uns nicht ausreichend bewegt hätten. Dabei hat sich auch unser Gehirn entwickelt und an Größe zugelegt.
- Der Wachstumsfaktor BDNF ist essentiell für das Lernen und für die geistige Gesundheit. Dieser wird in erster Linie durch Bewegung produziert.
- Ausdauerbelastungen regen die Neubildung von Nervenzellen im Hippocampus (Neurogenese) an.
- Wenn das Ruhezustandsnetzwerk (default mode network) in deinem Gehirn aktiv wird, wirst du kreativ. Während einer Radtour oder beim Laufen hast du plötzlich gute Ideen zu Problemen, über die du gar nicht aktiv nachgedacht hast.